
Julitta Fichtner
Das Theorie-Praxis-Problem von Individualisierung und Diagnose
Im Zuge einer zunehmenden Heterogenität der Schülerschaft ergibt sich für den Lehrer die Herausforderung einer Individualisierung des Unterrichts, welche in der praktischen Umsetzung eine „zutreffende Diagnostik“ konstitutiv voraussetzt. Diesem Anspruch steht jedoch der Vorwurf einer Subjektivität des Lehrerurteils entgegen. Als Hilfe werden dem Praktiker von Seiten der Wissenschaft unterschiedliche Diagnoseinstrumente angeboten, jedoch können diese entweder nur ganz bestimmte Merkmale erfassen, oder sie bieten nur eingeschränkte Objektivierungsmöglichkeiten.
Der vorliegende Beitrag betrachtet diese Entwicklungen in Theorie und Praxis und führt dabei die Problematik einer zutreffenden Diagnostik zurück auf die grundsätzliche Frage, ob und wie v.a. mit Hilfe von Wissenschaft Realität überhaupt erkannt werden kann. Diese Rückführung der Betrachtung eröffnet einen gänzlich anderen Blick auf die Leistungen des Lehrerurteils sowie der Diagnoseinstrumente und bietet dabei unterschiedliche Möglichkeiten, diese miteinander zu verknüpfen und das Lehrerurteil kontinuierlich weiterzuentwickeln. Darüber hinaus zeigt sich, dass ein solches Vorgehen auch für die aktuelle Herausforderung einer Inklusion im Unterricht neue Perspektiven und Potenziale bietet.