Inhalt des Leitfadens:
0. Zielgruppe und Funktionsweise 1. Begrifflichkeiten und Hintergrund 2. Erstellen guter, handlungsorientierter Lernaufgaben 3. Checkliste 4. Selbsteinschätzungsbogen inkl. Feedback |
Leitfaden zum Erstellen von handlungsorientierten Lernaufgaben für den wirtschaftsberuflichen Unterricht |
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0. An wen richtet sich dieser Leitfaden und wie wird er angewendet?Dieser Leitfaden wurde primär für angehende Lehrkräfte, die an beruflichen Schulen unterrichten wollen, konzipiert. Aber auch bereits praktizierenden Lehrkräften kann der Leitfaden neue Anregungen bieten. Der Leitfaden soll sowohl die Orientierung über die didaktischen und konzeptionellen Hintergründe handlungsorientierter Aufgabenstellungen erleichtern als auch grundlegende Empfehlungen für den Entwurf solcher Aufgaben geben. Damit soll er eine Hilfestellung bei der Umsetzung der Anforderungen, die in den Lehrplänen der Berufsschule beschrieben werden, bieten. Im 1. Teil soll zunächst ein einheitliches Verständnis geschaffen werden und darauf aufbauend begründet werden, inwiefern der Leitfaden Sie bei der Erstellung handlungsorientierter Lernaufgaben unterstützen kann. Im 2. Teil wird dann eine konkrete Vorgehensweise beschrieben, wie Sie auf Basis von curricularen Vorgaben und relevanten didaktischen Prinzipien gute handlungsorientierte Lernaufgaben erstellen. Im 3. Teil sehen Sie eine Checkliste zur Erstellung handlungsorientierter Lernaufgaben, die Sie arbeitsbegleitend abhaken können. Der 4. und letzte Teil ist ein Selbsteinschätzungsbogen, der optional zusätzlich ausgefüllt werden kann. Dieser Selbsteinschätzungsbogen gibt Ihnen ein dynamisches Feedback, das auf Ihrer individuellen Auswahl basiert. Bei Verständnis- oder Planungsschwierigkeiten werden Ihnen dann vertiefende bzw. weiterführende Informationen angeboten. 1. Begrifflichkeiten und Hintergrunda) Was sind handlungsorientierte Lernaufgaben?Handlungsorientierung Handlungsorientierung wird im Rahmen dieses Leitfadens als didaktisches Gestaltungselement gesehen, welches zur Förderung von Handlungskompetenz bei Lernenden beitragen kann. Ein einheitliches bzw. dominierendes definitorisches Verständnis findet sich für diesen Begriff jedoch nicht.[5] In den Lehrplänen und im Sinne der Kultusministerkonferenz wird berufliche Handlungskompetenz aber als „die Bereitschaft und Befähigung des Einzelnen [verstanden], sich in beruflichen [. . .] Situationen sachgerecht durchdacht sowie individuell und sozial verantwortlich zu verhalten.” Sie „entfaltet sich in den Dimensionen von Fachkompetenz, Selbstkompetenz und Sozialkompetenz.” Die Methodenkompetenz, kommunikative Kompetenz und Lernkompetenz stellen bereichsübergreifend relevante Querschnittsdimensionen dar, die die anderen Dimensionen vernetzen.[7] Auch durch die Definitionen der einzelnen Teilkompetenzen werden Sie diese Vernetztheit erkennen. Zum besseren Verständnis möchte ich die Definitionen der einzelnen Teilkompetenzen bereits jetzt und nicht erst an späterer Stelle angezeigt bekommen. Lernaufgaben Lernaufgaben sollen den Lernprozess der Lernenden unterstützen.[16] Im Unterschied zu Prüfungskontexten bietet eine Lernaufgabe „eine Lernumgebung zur Kompetenzentwicklung. Sie steuert den individuellen Lernprozess durch eine Folge von gestuften Aufgabenstellungen mit entsprechenden Lernmaterialien so, dass die Lernenden möglichst eigenständig die Problemstellung entdecken, Vorstellungen entwickeln und Informationen auswerten.” [12] Es ist wichtig, die Lernaufgaben von Leistungsaufgaben abzugrenzen. Lernaufgaben sollten nicht darauf abzielen, den Leistungsstand der Lernenden zu ermitteln, denn Fehler dürfen Bestandteil des Lernprozesses sein.[13] Als Lehrkraft stehen Ihnen zur Steuerung des Lernprozesses bzw. Gestaltung einer Lernumgebung neben (1) Aufgabenstellungen und (2) Lernmaterialien und Methoden/Werkzeugen auch (3) Gesprächsführung und Moderation sowie (4) Rückmeldung und Reflexionsimpulse zur Verfügung.[12] Der Fokus dieses Leitfadens liegt auf den Punkten eins und zwei, da diese vor der Unterrichtsstunde vollständig geplant werden können, während die anderen beiden Punkte eine höhere Situationsabhängigkeit aufweisen. b) Warum sollten sich Lehrkräfte die Mühe geben, handlungsorientierte Lernaufgaben selbst zu erstellen bzw. zu modifizieren?Die Förderung von beruflicher Handlungskompetenz ist das zentrale Ziel der wirtschaftsberuflichen Schulausbildung.[7] Durch den Einsatz von handlungsorientierten Lernaufgaben kann das Erreichen dieses Ziels gefördert werden.[6] Lernaufgaben können zudem einen differenzierten Unterricht für heterogene Klassenkonstellationen unterstützen, wie sie für Berufsschulen besonders typisch sind. [8] Gute Lernaufgaben sprechen den jeweiligen Klassenverband auf einem sehr individuellen Niveau an.[15] Hierfür können bspw. Lernaufgaben aus Schulbüchern weniger Sorge tragen als „ maßgeschneiderte ” Aufgaben von Lehrkräften, die mit den Lernenden ihrer Klassen regelmäßig in Kontakt stehen. Aktuelle Forschungsbefunde kommen zudem zu dem Schluss, dass Handlungskompetenz in Lernaufgaben der Schulbücher in den meisten Fällen nicht oder auf sehr niedrigem Niveau gefördert wird. [3] Und das, obwohl es sich dabei laut Lehrplänen um das zentrale Ziel der (wirtschafts-) beruflichen Bildung handelt.[9][10][11] Lernaufgaben selbst zu erstellen oder bestehende Aufgaben zu optimieren kann demnach einen deutlichen Mehrwert bieten. 2. Erstellen guter, handlungsorientierter Lernaufgabena) Lehrpläne und KompetenzzieleVergewissern Sie sich, welche inhaltlichen oder kompetenzorientierten Vorgaben durch den Lehrplan und die didaktische Jahresplanung (Planung der zuständigen Fachkonferenz einer Schule) getroffen werden und setzen Sie diese in jedem Fall um. Außerdem sollten Sie bedenken, welches relevante Vorwissen die Lernenden mitbringen. Stellen Sie sich folgende Leitfragen: ➨ Welche angrenzenden Themen wurden zuvor bereits im Unterricht behandelt? ➨ Kann davon ausgegangen werden, dass die Lernenden bereits Erfahrungen bezüglich der Thematik sammeln konnten? ➨ Können die Lernenden ihr Vorwissen mit den neuen Informationen aus der Lernaufgabe verknüpfen? So können schnittstellenübergreifende Systembezüge beruflichen Handelns, wie es etwa das Prinzip des Geschäftsprozessbezuges einfordert, hergestellt werden.[2] b) Handlungsorientierung in Lernaufgaben: Handlungskompetenz fördernVor der Auswahl bzw. Erstellung einer Lernaufgabe sollten Sie sich darüber Gedanken machen, durch welche Merkmale eine Aufgabe zu einer handlungsorientierten Lernaufgabe wird. Handlungsorientierung, wie sie zuvor beschrieben wurde, lässt sich in verschiedene Teildimensionen gliedern. Hierbei kann, je Teildimension, zwischen verschiedenen Niveaustufen unterschieden werden. Die einzelnen Teilkompetenzen sollten über die gesamte schulische Ausbildung hinweg gesehen auf möglichst hohem Niveau gefördert werden.[2] Dabei muss aber nicht jede Kompetenzdimension immer durch jede einzelne Lernaufgabe auf hohem Niveau gefördert werden. Eine Kompetenzsequenzierung kann sich positiv auf den Erfolg auswirken und beispielsweise durch situationale und thematische Rahmenbedingungen oder stetige Niveausteigerungen begründet werden.[18] Ich möchte mehr Informationen zur Kompetenzsequenzierung. Wurden durch die didaktische Jahresplanung (durch die zuständige Fachkonferenz einer Schule) diesbezüglich keine Vorgaben getroffen, so können Sie selbst über eine mögliche Kompetenzsequenzierung entscheiden, denn die Lehrpläne treffen hierzu keine genaueren Vorgaben. In der folgenden Tabelle sehen Sie die drei Hauptkompetenzen nach dem Verständnis der KMK[7] und wie diese nach ihren Niveaus abgestuft werden können.[1];[2] Die Niveaustufe null ist jeweils die niedrigste und drei die höchste. Sollte keine absichtliche Niveausteigerung über die Lernaufgaben hinweg (Kompetenzsequenzierung) vorgenommen werden, sind bei der Erstellung von Lernaufgaben hohe Niveaustufen erstrebenswert. Folgende Kompetenzen möchte ich in unten stehender Tabelle zur Niveauabstufung angezeigt bekommen: Fachkompetenz; Sozialkompetenz; Selbstkompetenz; Methodenkompetenz; Kommunikative Kompetenz; Lernkompetenz; |
Definitionen nach [7] | Niveaustufen nach [1] und [3] | Leitfragen und (beispielhafte) Anregungen zum Erreichen der Niveaustufen |
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Fachkompetenz: „Bereitschaft und Fähigkeit, auf der Grundlage fachlichen Wissens und Könnens Aufgaben und Probleme zielorientiert, sachgerecht, methodengeleitet und selbstständig zu lösen und das Ergebnis zu beurteilen.” | 0 = keine Fachkompetenz 1 = Erfahrungen erinnern und beschreiben 2= Wissen generieren durch die Verbindung erinnerter Erfahrung mit aktuellen Erfahrungen und Wahrnehmungen 3 = Vorstellungen über Handlungsalternativen entwickeln und darstellen | 1: Müssen Lernende durch die gestellte Aufgabe auf eigene Erfahrungen zurückgreifen und diese wiedergeben? Ein Praxisbeispiel, das diese Niveaustufe erreicht ist z. B. die Fragestellung: Erläutern Sie Unterschiede zwischen linearer und degressiver Abschreibung. 2: Können Lernende Wissen generieren, indem sie neue Wahrnehmungen machen, die sie mit vergangenen Erfahrungen verknüpfen können? Zum Erreichen dieser Niveaustufe ist vor allem wichtig, dass die Lehrkraft das Vorwissen der Lernenden, bspw. aus der vorangegangenen Unterrichtsstunde, reflektiert und die Ausgestaltung der Situationsinformationen darauf anpasst. 3: Können Lernende eigene Vorstellungen von Handlungsalternativen entwickeln und auf ihre Brauchbarkeit hin überprüfen? Eigene Vorstellungen von Handlungsalternativen können Lernende vor allem dann entwickeln, wenn die Lernaufgabe eine gewisse Offenheit aufweist. Link zu Abschnitt "Offenheit" |
Sozialkompetenz: „Bereitschaft und Fähigkeit, soziale Beziehungen zu leben und zu gestalten, Zuwendungen und Spannungen zu erfassen und zu verstehen sowie sich mit anderen rational und verantwortungsbewusst auseinanderzusetzen und zu verständigen. Hierzu gehört insbesondere auch die Entwicklung sozialer Verantwortung und Solidarität.” | 0 = keine Sozialkompetenz 1 = Unterschiedliche Einstellungen erkennen mittels Sprache und Kommunikation 2 = Möglichkeiten von kooperativem Gestalten mittels Konsensbildung bzw. Aushandlung von Kompromissen 3 = Kooperative Handlungsoptionen konkret ausarbeiten und umsetzen | 1: Bestehen unterschiedliche Einstellungen zur Lösung der Aufgabe? Falls ja: Lassen Sie die Lernenden in einer der Situation angepassten Sozialform diskutieren. Falls nein: Die Konfliktsituation der Lernaufgabe kann bspw. durch ein Rollenspiel eingeführt werden. 2: Unter der Voraussetzung unterschiedlicher Einstellungen gemäß Punkt 1: Besteht hier ein Spielraum für Kompromiss oder Konsens? Falls dieser Spielraum eher gering ist, kann es förderlich sein, dass bspw. eine dritte Partei als Vermittler eingeschaltet wird. 3: Unter den Voraussetzungen von Punkt 1 und 2 (Einstellungsunterschiede und Spielräume): Können Kooperative Handlungsoptionen ausgearbeitet werden, indem z. B. verschiedene Lösungsansätze kombiniert werden und ist eine konkrete Umsetzung der Option bzw. des Kompromisses möglich? Bei mehreren Gruppen, die Handlungsoptionen ausarbeiten und umsetzen, kann ein abschließender, schülerzentrierter Vergleich und eine Diskussion der Ergebnisse im Plenum sehr hilfreich sein, da so weitere Handlungsoptionen der anderen Gruppen verglichen werden können und die eigene Umsetzung bzw. das (Gruppen-) Handeln kritisch hinterfragt werden kann. |
Selbstkompetenz: „Bereitschaft und Fähigkeit, als individuelle Persönlichkeit die Entwicklungschancen, Anforderungen und Einschränkungen in Familie, Beruf und öffentlichem Leben zu klären, zu durchdenken und zu beurteilen, eigene Begabungen zu entfalten sowie Lebenspläne zu fassen und fortzuentwickeln. Sie umfasst Eigenschaften wie Selbstständigkeit, Kritikfähigkeit, Selbstvertrauen, Zuverlässigkeit, Verantwortungs- und Pflichtbewusstsein. Zu ihr gehören insbesondere auch die Entwicklung durchdachter Wertvorstellungen und die selbstbestimmte Bindung an Werte.” | 0 = keine Selbstkompetenz 1 = Anforderungen in strukturgebenden Aufgaben unter Anleitung bewältigen und den eigenen Arbeitsprozess mithilfe der Lernberatung reflektieren 2 = Unter geringer Anleitung arbeiten und dabei Lernhilfen bewusst selbstständig auswählen und kritisch das eigene, sowie das Handeln anderer reflektieren 3 = Eigenständige Planung, Realisierung, Reflexion, Verantwortung und ggf. Verbesserung von Arbeitsprozessen. | 1: Geht die Struktur zur Bearbeitung aus dem Sachverhalt oder der Aufgabenstellung eindeutig hervor? Sind bspw. die Teilaufgaben klar nach der Abfolge im Arbeitsprozess gegliedert oder sind die Angaben im Sachverhalt stark vereinfacht? Die Lernhilfen, die verwendet werden sollen, sind hier strikt vorgegeben. Als Lehrkraft leiten Sie auf dieser Stufe während des Unterrichts oder durch gezielte Vorbemerkungen die Bearbeitung der Aufgabe und die Reflexion an. 2: Lassen die Aufgabenstellung und der Sachverhalt einen gewissen Spielraum für individuelle Entscheidungen zur Bearbeitung der Aufgabe zu? Können die Lernenden selbst Entscheidungen treffen und selbst Lernhilfen auswählen? Im Unterricht oder durch Vorbemerkungen nehmen Sie als Lehrkraft auf dieser Stufe eine eher dezentrale Rolle ein. 3: Haben die Lernenden so große individuelle Freiräume, dass sie die zugrunde liegende Problematik selbst erkennen und bearbeiten können? Es findet (nahezu) keine Anleitung statt. Es wird höchstens ein Sachverhalt geschildert bzw. ein Arbeitsprozess angestoßen. Als Lehrkraft ziehen Sie sich auf dieser Stufe vollständig zurück. Alle Lernschritte finden selbstgeleitet statt. Die Förderung von Sozialkompetenz auf hohem Niveau ist dadurch nicht ausgeschlossen, da Lernende auch in kooperativen Handlungsformen selbstgeleitet arbeiten können. |
Die perfekte handlungsorientierte Lernaufgabe gibt es wohl nicht. Wenn Sie diese Checkbox auswählen, bekommen Sie jedoch ein Beispiel gezeigt, das alle Kompetenzen auf hohem Niveau anspricht. Es ist für Anfänger besonders hilfreich. Im rechten Rand erscheinen zusätzliche Ausführungen dazu, wie jeweils die Niveaustufe 3 erreicht wurde. Die Lernaufgabe stellt ein Beispiel für das Lernfeld 3 aus dem Rahmenlehrplan für Auszubildende Einzelhandelskaufleute zum Themenbereich ”Rechte und Pflichten aus dem Kaufvertrag“ dar. c) Lernmaterialien und Aufgabenstellungen ausformulierenFür den Unterricht in beruflichen Schulen ist der Einsatz von Situationsaufgaben besonders geeignet.[14] Hierdurch sollen Prozesse beruflichen Handelns in ihrer gesamten, meist sehr komplexen Vernetztheit erkannt und beherrscht werden.[18] Das Verständnis schnittstellenübergreifender Systembezüge beruflichen Handelns, wie es der Geschäftsprozessbezug einfordert [2], kann nur im Gesamtzusammenhang des Unterrichts hergestellt werden und nicht zwangsläufig im Rahmen jeder einzelnen Aufgabe, zu denen die Systembezüge (noch) fehlen. Hinterfragen Sie bei der Aufgabenerstellung also an welches Vorwissen oder an welche anderen bereits bearbeiteten Themen angeknüpft werden kann und ob sich nachfolgende Themen durch eine Fortführung der Ausgangssituation in sich anschließenden Lernaufgaben sinnvoll erschließen lassen. Lernaufgaben sollte, entsprechend dieser Ausführungen, ein authentischer, möglichst realer und vor allem problemhaltiger Sachverhalt (Situation) zugrunde liegen. So lassen bspw. konkrete Namen von Unternehmen oder Belege, Geschäftsbriefe u.a. den Sachverhalt realer wirken. Das Ziel sollte es aber nicht sein, Situationen durch Lernaufgaben eins zu eins zu modellieren, sondern die Lernenden durch gezielte Unterstützung und ggf. auch eine stückweite Vereinfachung zu neuen Erkenntnissen zu leiten.[17] Hier ist wichtig, mit den neuen Informationen an das Vorwissen der Lernenden anzuknüpfen und kritisch zu hinterfragen, inwieweit das neu zu Lernende von den Lernenden überhaupt sinnvoll eigenständig erarbeitbar ist.[12] Ein häufiger Schwachpunkt bei der Erstellung von Lernaufgaben ist, dass der Lösungsweg für die Lernenden bereits allein durch die zugrunde liegenden Informationen ersichtlich wird. [2]; [14]; [17]. Die aus dem problemhaltigen Sachverhalt resultierende Aufgabe sollte eine gewisse Offenheit hinsichtlich Problemstellung, Lösungsweg und Lösungsergebnissen - natürlich stets innerhalb der fachinhaltlich gegebenen Grenzen - aufweisen. Problemoffenheit bedeutet, dass die Lernenden in einem offenen Prozess selbst die Problematik erkennen. Der Lösungsweg, den die Lernenden zur Lösung dieses Problems wählen, sollte ebenfalls möglichst offen sein. Die Lernenden können dadurch eigene Handlungsstrategien und -ziele zur Problemlösung verfolgen. Deren Erfolg sollte aber reflektiert werden und damit zum Lernprozess beitragen. Die Ergebnisoffenheit soll den Lernenden bewusst machen, dass es die eine korrekte Lösung häufig nicht gibt. [2] Negativbeispiel inklusive Modifikation. Sollten Sie keine klare Vorstellung davon haben, wie Sie eine Aufgabe offener gestalten können, so könnte Ihnen das vereinfachte Negativbeispiel und seine Modifikation zu einer offenen Aufgabe helfen. Die Lernaufgabe behandelt das Lernfeld 14 aus dem Rahmenlehrplan für Auszubildende Einzelhandelskaufleute zum Themenbereich ”Deckungsbeitragsrechnung“ dar. d) Differenzierung und IndividualisierungDifferenzierung Gute Lernaufgaben differenzieren zwischen den Fähigkeiten der Lernenden.[15] Ein häufiges Differenzierungskriterium ist das Vorwissen (z. B. Differenzierung nach Schulabschluss bei neuen Berufsschulklassen) oder das Leistungsniveau (z. B. wenn man die Lernenden bereits kennt und deren Leistungsniveau beurteilen kann). Lernende, die bei früheren Aufgaben bspw. eine niedrige Selbstkompetenz zeigten, sollten nicht unmittelbar auf der höchsten Niveaustufe gefordert werden. Bei der Differenzierung nach Handlungskompetenz kann Ihnen die Tabelle zur Handlungsorientierung weiterhelfen. Differenzierung ist ein sehr komplexes Thema. Bei Auswahl des Häkchens bekommen Sie daher zumindest einige exemplarische Ideen, speziell für die Umsetzung in Lernaufgaben angezeigt. Individualisierung Gute Lernaufgaben sollten die Lernenden herausfordern, aber nicht überfordern[15], wobei eine positive Erwartungshaltung der Lehrkräfte zu einer größeren Anstrengungsbereitschaft bei den Lernenden führt.[19] Denken Sie beim Erstellen der Aufgabe an die einzelnen Persönlichkeiten der Klasse bzw. an idealtypische Klassenkonstellationen in den jeweiligen Ausbildungsklassen. Welche Interessen haben die Lernenden, woher kommen sie, wie alt sind sie im Durchschnitt, etc.? Wenn Sie sich diese und weitere Fragen stellen, können Sie auf die Lernenden und ihre Lebensbereiche angepasste Aufgaben erstellen. Stellen Sie nach Möglichkeit einen Alltagsbezug und damit Lebensnähe her, achten Sie nach Möglichkeit auf die Aktualität und ggf. Regionalität der Beispiele [2]; [4]. Hinsichtlich der Handlungsorientierung kann es hier förderlich sein, dass eine Differenzierung der Niveaustufen vorgenommen wird. 3. Checkliste für gute, handlungsorientierte LernaufgabenDiese Checkliste dient zur Vergewisserung, dass die wesentlichen Aspekte des Leitfadens beim Erstellen von handlungsorientierten Lernaufgaben eingehalten werden. Aufgrund von Abhängigkeiten zwischen den einzelnen Punkten können beim chronologischen Abarbeiten der Checkliste Rückbezüge erforderlich werden.
4. Selbsteinschätzungsbogen inkl. FeedbackDas Ausfüllen des Selbsteinschätzungsbogens ist optional und dient Ihnen bei der Selbstreflexion beim bzw. nach dem Erstellen von Lernaufgaben Wie der gesamte Leitfaden wurde er primär für angehende Lehrkräfte konzipiert, weshalb an den bei dieser Adressatengruppe zu erwartenden Wissensstand angeknüpft wird. Ihre Eingaben werden nicht ausgewertet. Seien Sie ehrlich zu sich selbst, denn das Feedback wird auf Ihre Eingaben reagieren und kann Ihnen ggf. weiterhelfen. Sollte ein einzelner Aspekt nicht zutreffen, so ist die ganze Zeile mit „Nein” zu beantworten.
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Literaturverzeichnis
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Verfügbar unter: https://www.kmk.org/fileadmin/Dateien/veroeffentlichungen_beschluesse/2011/2011_09_23-GEP-Handreichung.pdf 8 Kraus, H., Möhlenkamp, H., Theis, S. & Wackermann, R. (2020). Mit Lernaufgaben und Lernplänen Unterricht strukturieren. In J. Roß (Hrsg.), SINUS.NRW: Motivation durch kognitive Aktivierung. Impulse zur Weiterentwicklung des Unterrichts in den MINT-Fächern (Beiträge zur Schulentwicklung | PRAXIS, 1. Auflage, S. 67-82). Bielefeld: wbv Media. 9 Landesinstitut für Schulentwicklung Baden-Württemberg (Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg, Hrsg.). (2014). Bildungspläne für die Berufsschule. Industriekaufmann/Industriekauffrau Ausbildungsjahr 1, 2 und 3. Der Lehrplan tritt mit Wirkung vom 1. August 2008 in Kraft (i. d. F. v. 1. August 2014). Zugriff am 07.05.2021. 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Die Funktion von Situationsaufgaben in Abschlussprüfungen des dualen Systems der Berufsausbildung. bwp@ Berufs- und Wirtschaftspädagogik - online, 5(1), 1-32. 15 Reusser, K. (2013). Aufgaben das Substrat der Lerngelegenheiten im Unterricht. profi-L, 10(3), 4-6. 16 Weißeno, G. (2006). Lernaufgaben als Instrument der Unterrichtssteuerung und der empirischen Forschung. In D. Richter, & C. Schelle (Hrsg.), Politikunterricht evaluieren: Ein Leitfaden zur fachdidaktischen Unterrichtsanalyse (S. 115-140). Baltmannsweiler: Schneider Verlag. 17 Weyland, M. & Stommel, P. (2016). Kompetenzorientierung 2.0 – Domänenspezifische Lernaufgaben für die ökonomische Bildung. Zeitschrift für ökonomische Bildung, 3(5), 94-118. 18 Wilbers, K. (2009). Integrierte Unternehmenssoftware (ERP-Systeme) im kaufmännischen Unterricht. In H. Pongratz, T. Tramm & K. Wilbers (Hrsg.) 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